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BAC 90

Titus Calpurnius Siculus.
Kommentar zur 5. und 6. Ekloge

Gloria Becker

Die Eklogen des Titus Calpurnius Siculus sind in ländlicher Umgebung angesiedelt und knüpfen an die Tradition der Bukolik Theokrits und Vergils an; vermutlich sind sie in neronischer Zeit entstanden. Die fünfte und die sechste Ekloge sind durch den für Calpurnius typischen Einfluss anderer Gattungen geprägt.

Die fünfte Ekloge beginnt formal wie eine Ekloge, weist dann allerdings inhaltliche und sprachliche Parallelen zum dritten Buch von Vergils Georgica auf. Ein Hirt unterrichtet seinen Sohn über die Aufgaben bei der Viehhaltung im Verlauf eines Jahres. In diesem bukolischen Lehrvortrag sind Praecepta Vergils erkennbar.

In der sechsten Ekloge geraten zwei Hirten so sehr in Streit miteinander, dass der beabsichtigte Wettgesang nicht stattfinden kann. Damit ähnelt die Ekloge dem aus Theokrit und Vergil bekannten Motiv des Gesangswettstreits, zugleich werden aber auch in den ausführlichen Beschreibungen der Wetteinsätze (ein Hirsch und ein Pferd) längere epische Passagen geboten, die Vorbilder in Vergils Aeneis und Ovids Metamorphosen haben.

Der sprachlich-stilistische Kommentar, auf dessen Grundlage die Intention des Calpurnius, sein Selbstverständnis als Dichter und der Umgang mit dem zu seiner Zeit klassischen Dichterideal Vergils untersucht und interpretiert werden, sammelt eine Vielzahl an Indizien, die auf verschiedenen Ebenen belegen, dass Calpurnius offensichtlich einen Vergleich mit Vergil einfordert. Er möchte mit seinen Eklogen zeigen, dass er bereit ist, künftig auch Werke anderer poetischer Gattungen zu verfassen.

Die Vermischung von Gattungen ist aus Werken anderer Autoren bekannt (z.B. Ovids Ars Amatoria). Calpurnius weitet die Gattungskreuzungen jedoch stark aus und lässt sie zum Charakteristikum der fünften und sechsten Ekloge werden.

ISBN 978-3-86821-410-9, kt., 162 S., Euro 20,- 2012

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